Folgepflichten Regulierter Markt
Folgepflichten Open Market
Übersicht
Jahresabschluss und Lagebericht
Kurz und knapp - das ist zu tun:
- Der geprüfte Jahresabschluss und Lagebericht ist
- auf Deutsch oder auf Englisch
- innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf eines Geschäftsjahres
- über die Exchange Reporting System-Schnittstelle (ERS) an die Deutsche Börse AG zu übermitteln.
Rechtsgrundlagen
Die Folgepflicht ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse (AGB DBAG) geregelt und ergibt sich im Einzelnen aus:
- § 21 Abs. 1 lit. a) AGB DBAG für Emittenten von Aktien und AvZ in Scale
- § 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 lit. a) AGB DBAG für Emittenten von Anleihen in Scale
- § 28 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 lit. a) AGB DBAG für Emittenten von Aktien und AvZ im Basic Board
- § 28 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 lit. a) AGB DBAG für Emittenten von Anleihen im Basic Board
Umfang und Inhalt der Berichte
Emittenten in Scale und Basic Board müssen ihren geprüften Jahresabschluss und Lagebericht an die Deutsche Börse AG übermitteln.
Konzern- oder Einzelabschluss
Emittenten, die gesetzlich zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind, müssen zur Erfüllung der AGB-Anforderungen ihren Konzernabschluss und Konzernlagebericht übermitteln. Die Übermittlung nur des Einzelabschlusses ist in diesen Fällen nicht erforderlich, aber auch nicht ausreichend.
Besteht keine Pflicht zur Konzernrechnungslegung, genügt die Übermittlung des Einzelabschlusses und des Einzellageberichts. Übermittelt der Emittent in diesen Fällen allerdings freiwillig seine Konzernangaben, muss er zusätzlich nicht noch die Einzelangaben übermitteln.
Die Entscheidung, ob ein Emittent konzernabschlusspflichtig ist, trifft der Emittent mithilfe des jeweils anwendbaren Rechts. Im Fall eines Emittenten mit Sitz in Deutschland beantworten also die §§ 290 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) die Frage nach der Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung.
Rechnungslegung
Emittenten können zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach den AGB DBAG in jedem Fall die nach international anerkannten Rechnungslegungsstandards aufgestellten Berichte übermitteln.
Mit nach nationalem Recht aufgestellten Berichten werden die Vorgaben der AGB DBAG nur erfüllt, wenn
a. der Emittent seinen Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Vertragsstaat hat und nach dessen Recht bilanziert oder
b. der Emittent seinen Sitz in einem Drittstaat hat und er nach nationalem Recht bilanziert, das gemäß Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und Rates vom 19. Juli 2002 den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) als gleichwertig anerkannt ist.
Ferner kann bei Emittenten mit Sitz in einem Drittstaat der Jahresabschluss samt Lagebericht auch nach den Vorgaben des HGB aufgestellt sein.
Bestandteile des Jahresabschlusses
Die notwendigen Bestandteile eines Jahresabschlusses ergeben sich aus dem jeweils angewandten Rechnungslegungsstandard. Beispielhaft werden hier die Bestandteile eines Jahresabschlusses nach HGB und nach IFRS aufgezählt.
Ein vollständiger Jahresabschluss nach HGB beinhaltet eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung und einen Anhang. Ein Jahresabschluss nach IFRS beinhaltet dagegen grundsätzlich neben der Bilanz eine Gesamtergebnisrechnung, eine Eigenkapitalveränderungsrechnung, eine Kapitalflussrechnung und einen Anhang.
Erforderlichkeit eines geprüften Abschlusses
Die AGB DBAG verlangen immer die Übermittlung eines geprüften Jahresabschlusses. Dies gilt selbst dann, wenn das anwendbare Recht Befreiungsmöglichkeiten vorsieht.
Beispiel:
Kleine Kapitalgesellschaften sind nach § 316 Abs. 1 HGB von der Prüfungspflicht des Jahresabschlusses befreit. Trotz dieser bestehenden gesetzlichen Befreiungsmöglichkeit verlangen die AGB DBAG von jedem Emittenten einen geprüften Abschluss, also auch von einer nach deutschem Recht befreiten „kleinen“ Kapitalgesellschaft.
Das Erfordernis eines „geprüften Jahresabschlusses“ beinhaltet zudem, dass neben dem Jahresabschluss auch der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder der Vermerk über dessen Versagung in vollem Umfang mitübermittelt wird.
Erforderlichkeit eines Lageberichts
Die AGB DBAG verlangen dem Wortlaut nach immer auch die Übermittlung des Lageberichts. Ergibt sich allerdings aus dem anwendbaren nationalen Recht, dass der Emittent nicht zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet ist, wollen die AGB DBAG keine eigene, über das nationale Recht hinausgehende Aufstellungspflicht für einen Lagebericht kreieren. Eine ausdrückliche Gestattung nach § 21 Abs. 2 AGB DBAG ist damit nicht erforderlich.
Die Entscheidung über das Vorliegen von gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen trifft der Emittent. Sollten bei der Überwachung der Einhaltung der Einbeziehungsfolgepflichten Fragen hinsichtlich des Vorliegens der Befreiung entstehen, wird die Deutsche Börse AG auf den Emittenten zugehen und um entsprechende Nachweise und Erläuterungen bitten.
Beispiel:
Nach deutschem Recht (HGB) ergibt sich die Pflicht zur Erstellung eines (Einzel-)Lageberichts aus § 264 HGB. Befreit von dieser Aufstellungspflicht sind nach deutschem Recht – konkret § 264 Abs. 1 S. 4 HGB – die sogenannten kleinen Kapitalgesellschaften. Wer kleine Kapitalgesellschaft ist, ergibt sich aus § 267 Abs. 1 HGB. Für Emittenten in Scale und Basic Board findet § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB, wonach jede Kapitalgesellschaft im Sinne des § 264 d) HGB unabhängig von der Zuordnung der Größenklasse stets als große gilt, keine Anwendung, weil Scale und Basic Board nicht unter den organisierten Markt im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) fallen. Im Ergebnis muss die kleine Kapitalgesellschaft, deren Wertpapiere in Scale bzw. Basic Board einbezogen sind, also entgegen dem Wortlaut der AGB DBAG keinen Lagebericht erstellen und übermitteln.
Sprachvorgaben
Die Berichte und das Prüfungsergebnis des Abschlussprüfers müssen entweder in deutscher oder in englischer Sprache veröffentlicht und übermittelt werden.
Vorgaben zur Art der Übermittlung
Die Berichte müssen über die Exchange Reporting System-Schnittstelle (ERS) übermittelt werden.
Entstehen der Folgepflicht
Die Pflicht zur Übermittlung des Jahresabschlusses und Lageberichts entsteht erstmals in dem Berichts- oder Erstellungszeitraum, in dem die Deutsche Börse AG über die Einbeziehung entscheidet.
Fristvorgaben
Der Jahresabschluss und der Lagebericht müssen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf jeden Geschäftsjahres übermittelt werden.
Häufig gestellte Fragen
Wie sanktioniert die Deutsche Börse AG Pflichtverstöße in Bezug auf diese Folgepflicht?
Die Deutsche Börse AG kann eine Vertragsstrafe gegen den schuldhaft handelnden Emittenten verhängen. Die Bemessung der konkreten Strafhöhe macht die Deutsche Börse AG insbesondere von der Dauer und dem Umfang der Pflichtverletzung und der Bedeutung des Verstoßes für den Kapitalmarkt abhängig.
Ebenso kann die Deutsche Börse AG die verhängte Vertragsstrafe unter Nennung des Emittentennamens und des konkreten Pflichtverstoßes auf ihrer Internetseite veröffentlichen.
Als letztes Mittel kann die Deutsche Börse AG die Einbeziehung der Wertpapiere des Emittenten nach erfolglosem Ablauf einer von der Deutsche Börse AG gesetzten Nachfrist außerordentlich kündigen. Der Kündigungsgrund besteht unabhängig von einem Verschulden des Emittenten.
Kontakt
Rule Enforcement
Tel. +49 (0)69 2 11-1 38 88
E-Mail rule-enforcement@deutsche-boerse.com